Interaktionen in VR
Immersive Interaktionsmöglichkeiten

Autor:
Daniel Polifka, UX Designer bei NMY

Reale Interaktionen und ihre VR-Umsetzung

„Interaktion“ ist ein vielschichtiger Begriff. Doch was bedeutet er konkret? In der Welt der VR-Anwendungen bezieht sich Interaktion auf die Handlungen und Reaktionen, die Nutzer innerhalb der virtuellen Umgebung durchführen und erleben. Dazu zählen Themen wie Objektmanipulation, Bewegung und Kommunikation – alltägliche Aspekte, die in der virtuellen Realität eine neue Dimension annehmen. Doch wie präzise lässt sich die echte Welt virtuell abbilden? In diesem Beitrag beleuchten wir, wie reale Interaktionen erfolgreich in die virtuelle Welt übertragen werden, welche Herausforderungen dabei auftreten und wo VR der Realität sogar überlegen ist. Zudem geben wir Einblicke in den durchdachten Designprozess bei NMY, der diese Übersetzung zwischen den Welten ermöglicht.

Teil 1: Grenzen und Potenziale virtueller Interaktionen

Um die Chancen und Herausforderungen zu verstehen, müssen wir zunächst betrachten, wie Nutzer mit ihrem virtuellen Umfeld interagieren. Besonders wichtig sind dabei die Hände. Egal, ob über Controller oder Handtracking – die Hände spielen eine zentrale Rolle. Beide Ansätze erfordern unterschiedliche Designüberlegungen.

Handtracking erleichtert den Einstieg, da es die natürlichen Bewegungen der Hände direkt widerspiegelt. Controller bieten hingegen mehr Flexibilität, da sie durch verschiedene Tasten komplexere Funktionen ermöglichen, wie etwa das Öffnen eines Inventars auf Knopfdruck.

Jede Interaktion erfordert eine sorgfältige Abwägung, welche Möglichkeiten es gibt, diese zu übersetzen und gegebenenfalls zu abstrahieren. Wenn weitere Interaktionsmethoden wie Blicksteuerung oder Sprachbefehle hinzukommen, wird die Komplexität dieser Aufgabe schnell deutlich.

Die positiven Aspekte

Die Vielzahl an Variablen mag zunächst überwältigend erscheinen, doch viele Interaktionen lassen sich in VR mühelos umsetzen. Simples Greifen und Loslassen von Objekten, Drücken und Ziehen, virtuelle Knöpfe betätigen und an Reglern drehen – all dies kann nahezu 1:1 in die virtuelle Realität übertragen werden. Hinzu kommen einfache Gesten, das Werfen von Gegenständen und die Nachverfolgung der Blickrichtung des Nutzers. In der Praxis zeigt sich, dass sich mit diesen Mitteln in VR-Trainings nahezu alle realen Interaktionen abbilden lassen.

Wenn mehrere dieser grundlegenden Interaktionen kombiniert werden, wird eine weitere Stärke von VR deutlich: die Simulation von Abläufen. Diese können exakt vorgegeben, überprüft und beliebig oft wiederholt werden, sodass sich die Bewegungen im Muskelgedächtnis des Nutzers verankern. Dank der interaktiven Natur von VR ist der Trainingseffekt dabei sogar größer als beim bloßen Zusehen.

Die Herausforderungen

Natürlich hat auch die virtuelle Welt ihre Grenzen – buchstäblich. Besonders die Fortbewegung stellt in VR eine große Herausforderung für Designer dar. Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten, wie sich Nutzer in der virtuellen Realität bewegen können:

  • Room-Scale-VR: Nutzer können frei umherlaufen, und ihre Bewegungen werden direkt in der virtuellen Welt gespiegelt. Diese Methode fühlt sich oft am natürlichsten an, erfordert jedoch viel Platz und ein angepasstes Leveldesign.
  • Smooth/Continuous Locomotion: Hierbei bewegt sich der Nutzer in die Richtung, in die er den Analogstick des Controllers drückt – ähnlich wie in herkömmlichen First-Person-Spielen. Ein großer Nachteil ist die mögliche Motion Sickness, da die visuelle Bewegung nicht mit den körperlichen Empfindungen übereinstimmt, was bei vielen Nutzern Unwohlsein auslösen kann.
  • Teleportation: Der Nutzer zielt mit der Hand auf eine Position und wird sofort dorthin teleportiert, ohne fließende Bewegung. Dies vermeidet Motion Sickness, geht jedoch auf Kosten des Realismus und der Immersion.

Wie man sieht, ist Bewegung in VR zwar möglich, aber oft nicht so einfach wie im echten Leben.

Ein weiteres Limit der virtuellen Welt ist die Sensorik. Gerüche und Geschmäcker sind in VR nicht umsetzbar, aber selbst die Haptik von Objekten stellt eine Herausforderung dar. Virtuelle Objekte haben kein Gewicht und bieten keinen Widerstand beim Greifen. Zwar gibt es Ansätze, diesen Mangel zu kompensieren – etwa durch Trägheitseffekte bei schweren Objekten oder durch adaptive Vibrationen – doch die realen Eigenschaften eines Objekts können selbst damit nicht vollständig nachgebildet werden.

Zudem müssen alltägliche Interaktionen oft angepasst werden, um in VR zu funktionieren. Ein Beispiel ist das Greifen mit beiden Händen: Da der Nutzer in VR nichts tatsächlich in der Hand hält, können die Hände weiterhin frei bewegt werden, was die Immersion beeinträchtigen kann.

Räumliche VR-Interaktion

Die faszinierenden Möglichkeiten

Trotz dieser Herausforderungen eröffnen die Bewegungsmetaphern in VR neue Möglichkeiten, die der Realität sogar überlegen sind. Ein Beispiel ist die Teleportation: Sie mag unrealistisch erscheinen, ermöglicht jedoch, innerhalb von Sekunden an jeden beliebigen Ort zu reisen – und das auch noch beliebig oft und ohne Risiko. Der Nutzer kann sich in einem Moment in einer Fußgängerzone befinden und im nächsten vom Wolkenkratzer auf die Stadt hinunterblicken.

Viele der scheinbaren Nachteile haben also auch ihre positiven Seiten. Zwar kann die virtuelle Sensorik nicht mit der Realität mithalten, doch durch Effekte, Highlights und Gamification-Elemente lassen sich die audiovisuellen Wahrnehmungen intensiver gestalten, als es in der Realität je möglich wäre. Diese einzigartige Erfahrung bleibt im Gedächtnis.

Darüber hinaus macht VR Unmögliches möglich. Nutzer können einzigartige, gefährliche oder unberührbare Objekte aus nächster Nähe betrachten und auf vielfältige Weise damit interagieren. Ein gutes Beispiel ist unsere Anwendung "The First FIFA World Cup™". Hier erleben Spieler nicht nur historische Ereignisse hautnah, sondern können sogar den seit Jahrzehnten verschollenen ersten WM-Pokal virtuell in den Händen halten.

Teil 2: Durchdachtes Design

Die Übertragung von realen Interaktionen in die virtuelle Welt ist komplexer, als es zunächst scheint. Manche Interaktionen lassen sich direkt übernehmen, manche nur schwer, und einige lassen sich sogar digital verbessern. Doch wie geht man bei dieser Übersetzung vor? Genau hier kommen UX-Designer ins Spiel. In einem ausgeklügelten Designprozess, der aus drei großen Schritten besteht, wird jede Interaktion genau analysiert:

Nutzeranalyse

Die Grundlage jeder digitalen Interaktion ist eine gründliche Analyse des Endnutzers. Hierbei wird ermittelt, ob der Nutzer bereits VR-Erfahrungen hat, welche Erwartungen und Schwierigkeiten bestehen und was er mit der Anwendung erreichen möchte. Ein Beispiel: Kennt der Nutzer VR bereits? Diese Information beeinflusst, wie detailliert die Einführung und wie komplex die Interaktionen gestaltet werden müssen. Während erfahrene Nutzer herausfordernde Interaktionen schätzen, können Anfänger schnell überfordert werden. Eine Anwendung, die „für alle“ gedacht ist, wird am Ende oft niemandem gerecht.

Interaktionsanalyse

Im nächsten Schritt wird untersucht, wie Interaktionen in der Realität ablaufen. Welche Elemente können direkt übernommen werden, wo gibt es Verbesserungsmöglichkeiten und wo muss abstrahiert werden? All das natürlich aus einer Perspektive, die der Nutzer am Ende verstehen kann. Oft müssen Aspekte in VR angepasst werden. Zum Beispiel können kleine, eng beieinander liegende Knöpfe vergrößert werden, um Fehleingaben und Frustration zu vermeiden. Ergänzt man dies durch positives Feedback wie Sounds oder Belohnungen, kann die Lernerfahrung sogar über die Realität hinaus verbessert werden.

Testen, testen, testen

Nun wird die Theorie in die Praxis umgesetzt. Funktioniert die ausgedachte Interaktionsmetapher? Zunächst erstellt der Designer verschiedene Prototypen und testet diese intern, um erste Erkenntnisse und Feedback zu sammeln. Diese frühen Tests helfen, grundlegende Anpassungen vorzunehmen. Sobald die Anwendung in einem fortgeschrittenen Entwicklungsstadium ist, werden umfassende User-Tests durchgeführt. In dieser Phase wird die Testumgebung sorgfältig vorbereitet, um alle potenziellen Schwachstellen der Anwendung aufzudecken. Ein cross-funktionales Team überwacht den gesamten Testablauf, und die Testpersonen werden gezielt ausgewählt, um den Endnutzern möglichst ähnlich zu sein. Das erhaltene Feedback wird gründlich dokumentiert und dient als Grundlage für die weitere Optimierung der Anwendung.

VR-Brille mit Controllern

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Darstellung realer Interaktionen in VR komplexer ist, als viele denken. Trotz der Herausforderungen gelingt es jedoch fast immer, diese Interaktionen virtuell darzustellen – manchmal mit Anpassungen, manchmal sogar besser als in der Realität. Die Möglichkeiten, die sich durch innovative VR-Lösungen ergeben, sind nicht nur für das Nutzererlebnis entscheidend, sondern auch für Unternehmen, die ihre Trainings- und Entwicklungsprozesse optimieren möchten. Bei NMY setzen wir auf maßgeschneiderte VR-Anwendungen, um Unternehmen dabei zu unterstützen, ihre Kommunikations- und Lernziele effizient zu erreichen. Lass uns gemeinsam die Potenziale der virtuellen Realität ausschöpfen und eure Projekte auf das nächste Level heben.